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3D-Scan Ausgrabung

Befunddokumentation über das Internet

Vom Befund zum Modell

Im Mai fragte mich ein befreundeter Archäologe, ob es möglich wäre, ein 3D-Modell von einem ihrer, neuesten Grabungsbefunde zu erstellen. Es handelte sich um eine größere komplexe Baustruktur, die neben traditionellen Zeichnungen und Fotografien versuchsweise auch in 3D dokumentiert werden sollte.

Natürlich war ich sofort begeistert und wäre am liebsten direkt zur Grabung gefahren, um die erforderlichen Fotos zu machen und Messpunkte aufzunehmen. Leider wohne ich mittlerweile nicht mehr in der Nähe und konnte nicht selbst zum ausgegrabenen Objekt kommen.
Also stellte ich eine kurze Anleitung zusammen, die festhielt, welche Eigenschaften die Bilder haben sollten und bat darum, dass die Archäologen vor Ort die erforderlichen Bilder aufnahmen.

Einen Tag später erhielt ich den ersten digitalen Bildersatz und begann, das Modell zu erstellen.

Virtuelles Ausgraben

Da ich den Befund selbst nicht kannte, war ich sehr neugierig, um was genau es sich handelte. Am Telefon und in den Mails war mir nur mitgeteilt worden, dass es sich um eine industrielle Anlage vom Beginn des 20. Jh. handelte, die wahrscheinlich im Zusammenhang mit Tonverarbeitung stand. Als Arbeitshypothese stand damals noch ein großer Ton- oder Ziegelbrennofen im Raum.

Auf den Bildern ergab sich schon ein erster Blick auf den Befund. Nachdem die Bilder vorbereitend bearbeitet, geschärft und sortiert wurden, ließ ich die Verarbeitung beginnen.

Nachdem die Bilder aneinander ausgerichtet wurden und die Kamerapositionen ermittelt waren, ergab sich ein interessanter Anblick. So lässt sich anhand der Position und Uhrzeit der Fotos die Art und Weise der Aufnahme rekonstruieren. Ich sah also, wo die Bildaufnahme begann und wie sich der Fotograf über die Fläche bewegte.

Leider musste der erste Bildsatz zeitbedingt im strahlenden Sonnenschein aufgenommen werden. Der daraus resultierende harte Schlagschatten ist für die Software kein Problem und wird einfach ins Modell übernommen. Allerdings ist er im Modell eher unerwünscht, da eine gleichmäßige Ausleuchtung nicht nur besser aussieht, sondern das Objekt auch realistischer darstellt.
Zwei Tage später konnten glücklicherweise neue Aufnahmen, bei bedecktem Himmel angefertigt werden, die für eine gleichmäßige Beleuchtung besser geeignet waren.

Das Modell

Nachdem die Bearbeitung des Modells abgeschlossen war, erstellte ich aus mehreren Perspektiven Renderbilder des Modells. Neben einer Draufsicht, die direkt in den CAD-Plan übernommen werden kann, auch einige perspektivische Aufnahmen.

Daneben wurde das Modell sowohl als 3D-PDF, .OBJ, .PLY als auch als .CSV Datei gespeichert. Dabei erfüllen die verschiedenen Formate jeweils unterschiedliche Funktionen.

Archivierung und Dateiformate

Im 3D-PDF-Format wurden verschieden hoch aufgelöste Modelle gespeichert. Der Vorteil dieses Formats liegt an seiner Vielseitigkeit und leichten Zugänglichkeit. So können unabhängig vom Betriebssystem diese Dateien von jedem Nutzer auch ohne 3D-Software und Kenntnisse geöffnet und betrachtet werden. Da es sich, um ein etabliertes weitverbreitetes Format handelt, ist davon auszugehen, dass diese Dateien auch in 5 Jahren noch geöffnet werden können.

Die Objektdateien erfordern spezielle 3D-Programme (Cloud Compare, oder Meshlab z.B.) und können auch weiter analysiert und verarbeitet werden. Sie enthalten in diesem Fall die maximal hoch aufgelösten Modelle und Texturen. PLY und .OBJ sind dabei ebenfalls Formate, die schon lange existieren und gepflegt werden und eine gewisse Sicherheit der Nutzung in der Zukunft bieten. Vor allem sind sie von fast jedem 3D-Programm und vielen CAD-Programmen nutzbar, sodass sie extrem vielseitig einsetzbar sind.

Ein großes Problem stellt die Langzeitarchivierung der Daten dar. Papier und Fotografien sind nachweislich mindestens 50-100 Jahre nutz- und lesbar. Doch gerade Dateiformate sind einem steten Wandel unterworfen. Jeder, der schon einmal versucht hat, eine alte Microsoft Works Datenbank zu öffnen, kennt das Problem, dass heutige Programme diese nur schwer importieren können. Dieses Problem sollen die Textdateien wenigstens annähernd lösen.

In den CSV und Textdateien werden die Koordinaten der einzelnen Punkte und Flächen als lange Zahlenkolonnen gespeichert. Dazu kommen optionale weitere Angaben wie normale Richtung und Farbe. Dieses sehr rohe Format ermöglicht theoretisch auch in 100 Jahren noch das einfache Einlesen dieser Daten und bietet so eine der wenigen Chancen auf Langzeitarchivierung. Eine alternative dazu wäre alle X Jahre, alle gesammelten 3D Daten erneut in ein aktuelles Format umzuwandeln und erneut zu speichern. Dieser Arbeitsaufwand ist allerdings utopisch.

Weitere Informationen

Die Grabung in Brandenburg an der Havel wurde von der Firma pmp-Projekt und geleitet von Torsten Trebesz durchgeführt. Ich bedanke mich noch einmal herzlichst für die Zusammenarbeit und verweise für weiterführende Informationen zum eigentlichen Befund auf die Seite des Projekts. Dort werden, sobald die Aufarbeitung der Grabung abgeschlossen ist, genauere Informationen zur Grabung veröffentlicht.

Kontakt aufnehmen:

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Eine Antwort auf „Befunddokumentation über das Internet“

Hallo,
wir haben vor Jahren ausführliche Ultraschallmessungen an dem Denkmal vorgenommen.
Haben Sie Interesse an einer Zusammenarbeit?
Dann meldden Sie sich einfach bei Gelegenheit.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Köhler

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