Das Objekt
Selten finden Archäologen, während Baubegleitungen, sich selbst datierende Objekte. Im Oktober diesen Jahres hatten wir Glück und stießen auf genau solch ein Stück, im Havelland. Leider handelt es sich weniger um einen Vor- oder Frühgeschichtlichen Fund, sondern um ein eher modernes Vorhängeschloss, an dem eine Münze aus den 30er Jahren festgerostet war.
Sicherlich stellt dieser Fund aus archäologischer Perspektive, kein übermäßig spektakuläres Objekt dar. Vor allem da wir eher auf der Suche nach Befunden des Mittelalterlichen Dorfkerns waren. Gebäude oder Straßenspuren des alten Dorfes konnten wir nicht dokumentieren, stattdessen trafen wir nur auf einige moderne Störungen, Gruben und eine Reihe älterer Planierungsschichten.
und eben dieses Schloss…
Das Modell
Archäologisch eher unspektakulär, bietet dieser Fund eine interessante Möglichkeit zum testen der 3D Fotogrammetrie. Durch seine komplexe Form sowie die stark strukturierte und texturierte Oberfläche, ist er ein gutes Ausgangsobjekt zur Erprobung dieser Methode. Gerade die Zusammensetzung mehrerer Objekte/Scans lässt sich in diesem Modell gut darstellen.
Vorhängeschloss 30er bis 40er Jahre by praehist3d on Sketchfab
Die Modellerstellung
Das Objekt selbst kam direkt von der Ausgrabung vor die Kamera. Es wurde nur notdürftig von mir mit einem weichen Pinsel gereinigt. Daher bitte ich kleinere Wurzeln, Steinchen und etwaigen Dreck auf dem Objekt zu entschuldigen.
Fotografiert habe ich es in einem kleinen Fotocube, mit zwei LED Strahlern (4000k Tageslicht) und meiner EOS 600d. Um das Objekt aus allen Richtungen korrekt zu erfassen musste es aus allen Perspektiven fotografiert werden. Leider lässt sich dieses nicht in einem Durchgang auf einem Drehteller erreichen, ohne das Objekt vorher schweben zu lassen. Um also auch die Flächen auf denen das Objekt liegen oder stehen muss, in den Scan fehlerfrei einzufügen, habe ich drei Durchläufe in drei verschiedenen Positionen erstellt um aus diesen drei Unterobjekten das finale Modell zusammenzusetzen. Das fotografieren dauerte etwa 1h, ohne den Aufbau des Equipments mit einzuberechnen.
Aufgenommen wurden 99 Bilder, verteilt über drei Bildgruppen bestehend aus jeweils 33 Bildern. Diese wurden jeweils einzeln ausgerichtet, verdichtet und danach zu einem Objekt zusammengesetzt. Erst die zusammengesetzte Punktwolke wurde mithilfe einer Oberflächen Rekonstruktion in ein „wasserdichtes“ Modell umgewandelt. Die finale Punktwolke besteht aus 6 570 058 Einzelpunkten, das daraus resultierende Gitter aus 1 314 010 Flächen, diese werden bedeckt von einer Textur zusammengesetzt aus einem Mosaik der Originalfotos. Diese Textur selbst hat eine Auflösung von etwa 5390×8096 pixeln.
Die oben gezeigten Renderings sind nur eine mögliche Option zur Verwendung dieses Objekts. Bilder wie diese bieten eine gute Möglichkeit die Fotodokumentation von Funden zu ergänzen oder gar komplett zu ersetzen. Gerade die Volle Kontrolle über Beleuchtung, Reflexionen, Schärfen und Hintergründe birgt eine breite Palette zur verbesserten Darstellung des Objekts. Auch die maximal erreichbare Auflösung kann beliebig während des rendern skaliert werden. Da Auflösung und Renderzeit direkt korrelieren, erhöht sich die Renderzeit Proportional zur Auflösung. Allerdings sind auch auf durchschnittlichen Mittelklasse PC’s gute Ergebnisse in annehmbarer Zeit möglich.
Ohne die Begrenzung einer Auflösung oder Bildtiefe, ermöglicht das rendern auf Basis des 3D Modells auch großformatigen Druck der Abbildungen problemlos.
Welche weiteren Möglichkeiten der Verarbeitung und Analyse, dieses Modells werde ich demnächst beleuchten, und dann auch auf weitere Probleme eingehen.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf praehist3d.jimdo.com und wurde von mir, im Zuge des Blog Umzuges, überarbeitet hier neu eingestellt.
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