tl;dr: Nachdruck von nur fragmentierten Funden bietet ein weites Anwendungsgebiet in der Forschung, Lehre und Museen. Vor allem die Detailtreue moderner Vollfarbdrucker kann sehr realistische Repliken erstellen und Erlebbar machen ohne das fragile Original zu gefährden.
Der Im Folgendenden beschriebene Nachdruck eines Archäologischen Objektes geschah in Zusammenarbeit mit der Firma Formwerk3D. Sollten sie weitere Fragen zu ähnlichen Projekten haben schauen sie gern auf Formwerk3d.de vorbei.
Gefäße aus Siedlungsgrabungen
Keramikfunde aus Siedlungen sind meist extrem fragmentiert und selten können alle fehlenden Teile geborgen werden. Die Gründe für diese Problematik sind vielfältig und entstehen zu unterschiedlichen Zeiten.
Idealfall-Szenario
Nachdem es erfolgreich produziert wurde befindet sich das Gefäß in Benutzung zum Zeitpunkt der eigentlichen Siedlungsphase. Die Dauer dieser Verwendung ist unbekannt und kann maximal näherungsweise geschätzt werden. Im Verlauf dieser Nutzung kommt es irgendwann zu einem Unfall und das Objekt wird unbrauchbar. Daraufhin wird es zusammen mit weiterem Siedlungsabfall komplett in einer Abfallgrube entsorgt.
Nach Ende der Besiedlung verbleiben alle Einzelnen Teile in dieser Abfallgrube und werden nicht von Lagerungsprozessen beeinflusst. Nach Jahrhunderten wird dieser Befund im Zuge einer Ausgrabung geöffnet und sämtliche Bruchstücke geborgen, beschrieben, klassifiziert, zusammengesetzt, publiziert und vielleicht ausgestellt.
Worstcase-Szenario
Zusammen mit einigen Fehlbränden wird das Objekt aus dem Brennofen geholt und seine Nutzung beginnt. Die fehlobjekte werden beseitigt, oder als Magerung wieder in neue Objekte gebracht. Das genutzte Objekt, zerbricht und einzelne Teile werden in Abfallgruben oder auf Laufhorizonten entsorgt. Das Ursprüngliche Stück wird mithilfe anderer Objekte repariert und weitergenutzt bis es wieder zerbricht. Nach der weiteren Beschädigung wird ein Teil der Bruchstücke in einer neuen Funktion weitergenutzt während der Rest in Abfallgruben oder Laufhorizonten verschwindet. Es dauert also mitunter Lange bis alle oder ein großteil der Teile in den Boden gelangen.
Nach dem Auflassen der Siedlung wird ein Teil der Abfallgruben von neueren zeitlich jüngeren Befunden geschnitten und das enthaltene Material umgelagert. Ein Teil dieser Befunde erodiert und verschwindet mitsamt der enthaltenen Teile. Die noch verbliebenen Scherben befinden sich in unterschiedlichen Gruben verteilt über ein weites Areal und sind, unter Umständen, diversen Bodenprozessen unterworfen. Diese zerrütten die Keramik und lassen sie porös werden.
Während der Bergung wird nur ein Teil der vorhandenen Gruben ausgegraben. Die Kombination aus schlechter Erhaltung und Zeitdruck einer Notbergung führen schon während der Grabung zum Verlust weiterer erhaltener Objekte. Nach der Ausgrabung werden die Funde gelistet und in einem Vorbericht erwähnt. Nach diesem sorgt fehlende Zeit zur Einlagerung der Objekte in einem Magazin in dem sie verbleiben bis sie für ein gezieltes Forschungsprojekt, Doktorarbeit oder ähnliches gebraucht werden.
Möglichkeiten aktueller 3D Technologien
Wie schon in früheren Artikeln gezeigt können Objekte wie diese schnell und einfach digitalisiert werden. So bleiben sie immer in Reichweite und können schnell, in Form eines digitalen Modells, aufgerufen und verarbeitet werden. Dies erspart viel manuelle Bewegung in Magazin und schont die Objekte. Auch können einzelne Modelle digital zusammengesetzt und ergänzt werden.
3D Druck
Mithilfe des 3D Drucks lassen sich nun eben diese virtuell zusammengesetzten Objekte replizieren und fehlende Teile ergänzen. Abhängig vom verwendeten Druckmaterial lassen sich verschiedene Zwecke erfüllen.
Kunststoffdrucke
Am weitesten verbreitet sind Drucker die aus verschiedenen Filamenten Kunststoffobjekte erstellen. Meist sind diese nur in der Lage ein Material, seltener zwei, für den Druck zu verwenden. Damit lassen sich orginal erhaltene Stücke und ergänzte Flächen gut von einander abgrenzen. Ausdrucke in Kunststoffen sind vergleichsweise günstig und schnell zu erstellen. Allerdings wirken Objekte aus diesen Druckern sehr abstrakt und geben nur die Form, nicht aber Farbe, Gewicht und Oberflächenbeschaffenheit des Originals wieder.
Moderne Kunststoffdrucker sind allerdings in der Lage erstaunlich feine, detailgetreue Objekte herzustellen.
Farbgipsdruck
Vollfarbdrucker wie der Polyjet 660pro sind in der Lage realitätsnahe Farben auf Ausdrucke anzuwenden. Durch dieses erweiterte Farbspektrum sind sie in der Lage viel echter wirkende Objekte zu erstellen. Da während des Druckaufbaues der komplette Druckraum Schicht für Schicht gefüllt wird lassen sich auch komplexe Strukturen, Unterschneidungen, Hohlräume und bewegliche Objekte Drucken.
Nachdruck der Plauer Tasse
Die während der Digitalisierung angelegte Farbtextur wird detailgetreu im Druck auf das Objekt angewendet. Dadurch kann ein sehr realitätsnaher Effekt erzielt werden. Das fertige Gipsobjekt besitzt eine ähnliche Oberflächenbeschaffenheit wie sie auch unlackierte Keramik besitzt wodurch sie ein naturgetreueres Gefühl und auch Gewicht erzeugt.
Der hier vorgestellten Druck basiert auf einem Objekt aus einer Forschungsgrabung der Freien Universität Berlin und ist eines der ersten Objekte das von mir mithilfe der Fotogrammetrie digitalisiert wurde. Es besteht aus mehreren Einzelscherben die digital zusammengesetzt wurden. Da diese Scherben insgesamt ein komplettes Profil ergeben lässt sich der Restkörper rekonstruieren und ergänzen. Zum ausrichten und anpassen der Einzelstücke habe ich das Freie Programm Blender verwendet. Auch der Ergänzte Bereich wurde mithilfe eines rotierten Profils in Blender erzeugt.
Naturlich wäre es möglich gewesen die aufgefüllten Flächen in einem sehr naturalistisch wirkenden Ton einzufärben und so quasi eine Eins zu Eins Kopie zu erzeugen. Allerdings bin ich persönlich kein Freund dieser Methode. Komplette Objekte erwecken den Anschein als ob das Original in eben diesem Zustand gefunden wurde, es verzerrt also die wirklichen Gegebenheiten. Ich bevorzuge einen Klar abgerenzten rekonstruierten Teil.
Anwendungsmöglichkeiten
Das berührungsfreie dokumentieren von Objekten in Museen und auf Ausgrabungen bietet viele Möglichkeiten. Neben der schnellen Verfügbarkeit digitaler Modelle können diese auch versendet und analysiert werden ohne das Original zu gefährden.
Nachdrucke von Objekten können zusätzlich beliebig oft repliziert werden und veranschaulichen besser den Zusammenhang von fragmentierten Objekten. Sie können Besuchern direkt in die Hände gegeben werden und erweitern so das Museumserlebnis um eine haptische Ebene. Gerade für Blinde und eingeschränkt sehende Besucher kann dies eine wundervolle Chance eines erweiterten Museumserlebnis werden.
Replikate können ebenfalls zu einem relativ günstigem Preis im Museumsshop vertrieben werden um Besuchern zu ermöglichen ein Stück Geschichte in ihre eigene Wohnung zu holen ohne wirklich mit Antiken zu handeln.
Der Einsatz als Exponate im Unterricht an Schulen und Universitäten lässt die sonst nur in Fotos und Bildern vorhandenen Objekte realer und fassbarer erscheinen. Und vermittelt ein besseren dreidimensionalen Eindruck als einfache Abbildungen.
Ich persönlich finde das 3D Drucke hier vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bieten.
english version
tl;dr: Reprinting fragmented objects can open a variety of great possibilities for science, education, and museums. Especially the details of modern full-color printer could create very realistic looking replicas without endangering the fragile originals.
The following 3D printed archaeological find, was made possible through Formwerk3D. If you are also interested in printing objects like these feel free to check out their website.
pottery finds from settlements
Ceramic objects from settlements are normally very fragmented. It’s unlikely to find all pieces because of the wide spread of pieces. This is because of the different kinds of preservation and transmission of objects.
ideal case of preservation
After its successful creation, the pottery is in use at the moment of the settlement phase. The duration of the object lifespan is unknown and can only be roughly estimated. After a while in use, the pottery will eventually break and become unusable. So it will be discarded into some kind of ditch. This ditch will preserve all pieces until it is excavated by archaeologists. They will list, describe, reconstruct and in some case be displayed in a museum.
Worstcase-Szenario
After many tries, the pottery finally gets successfully produced in the burning process. And it’s primary use begins. The failed objects were discarded or reused as base material for new pottery.
After a while, the objects maybe breaks and gets either repaired or become reused in a secondary function. In the end, the different fragments from the using phases all get thrown away and become eventually buried in one or several features. This discarding process can stretch over a long time so the different fragments of one pottery object can be in different features over a wide area.
After the end of the starting settlement phase, other settlers build their own houses in the same area and younger features start interfering with older ones. Old traces get lost or mixed up with newer materials. Some parts of the region may also erode through wind or water. In all this time the shards are strongly influenced by the ground conditions and animals or roots.
Finally, the fragments become excavated. In the worst case scenario, they are discovered randomly by non-professionals or illegal excavations. They don’t get properly documented or classified and if the are not thrown away they could get finally damaged by bad storage conditions.
possibilities of modern 3D technologies
As mentioned in former posts, objects can easily become digitised. These digital data is easier to handle and is fast accessible. These models could get used to analyzing finds and can be displayed and transferred in seconds to a wide clientele. It’s also possible to reconstruct and reassemble finds this way without any harm or transformation to the originals.
3D print
Modern 3D print is an easy and affordable way to replicate virtual models. These can show the original conditions or be the result of different reconstruction and assembling stages. Different Materials can be used to accomplish different goals.
printing in plastics
Most common are printers that use some kind of plastic. Typically, the resulting object is monochrome or a combination of two colours. This can be very useful to distinguish between “original” and reconstructed parts of the model. The advantages of these printers are first and foremost the low costs per print. Also, they are relatively compact and the resulting objects are durable and can be really detailed, depending on the used printer.
On the other side are products from plastic printers a very abstract copy of the real object. For example a 3D plastic print can only reproduce the surface and form, not the colour or feel of the original. Also, the weight is not nearly feeling real.
powder printer
Full-color prints like the one below made possible by gypsum printers like the Polyjet 660pro. They are able to colour the surface in a very real kind, so the texture from original objects can be printed. Annotations and markings can also be added to the Object.
Because of the production process the builds can be bigger than normal plastic printers, also hollow prints or moving parts can easily be achieved.
Print of the „Plauer“ Cup
The digitized surface of the cup is completely applied to the printed objects including small geometric details as well as the texture. This leads to a very realistic impression. This gets even more real because of the used gypsum that produces a very similar surface and feels like pottery. Even the weight of a gypsum object is more like the original than a plastic print.
The original find was digitized after it was found at an excavation of the Freie Universität Berlin using photogrammetry. It consists of several shards providing a full profile of the cup and a reconstructed part. All Objects there aligned and made printable using the free Software Blender.
Blender Render of composed scans
Although it would be possible to reconstruct the missing parts in a way that looks more real to make a more realistic cup. But I think it is more honest to make the reconstructed parts clearly visible to show what an archaeologist did find and not what he wish to find.
Applications of 3D printing in Archaeology
The digitizing of heritage objects is a very promising workflow giving many opportunities to display, replicate and share finds in a different context and ways. Digital objects can be fast distributed and analysed without any harm to the original.
Prints of digitized objects can be used in schools, museums, at home or university to experience historical objects in a brand new way. Its even a good way to let sight impaired or blind people get an impression of archaeological objects. Because of their relatively low price, they can be sold in shops and are an alternative to a black market trade of artifacts.
I personally think printed objects can become a great opportunity to get a new haptic experience on an otherwise mostly visual field.